Erfahrungen unterwegs

Nach einer Akklimatisierungsphase in Carbondale, Illinois, wollen wir uns nun auf die Reise gen Westen machen. Von Carbondale aus fahren nur Züge nach Chicago. Unser Gastgeber bringt uns freundlicherweise mit dem Pickup zum Bahnhof nach St. Louis, Missouri. Besser gesagt, bringt er uns nicht dorthin, weil wir ihn nicht finden. Als wir schließlich von einem St.-Louisianer dorthin eskortiert werden, stellt sich der Bahnhof dieser Stadt als bessere Baubaracke heraus, die neben den Industriegleisen und unter dem Highway aufgestellt worden ist. Soviel zu den Prioritäten in den USA: Auto, Geld, Personenverkehr.

Dort fragen wir am Schalter, wie es weiter gehen soll. Der Schalterbeamte erfährt, dass wir in Kansas City auf einen anderen Zug weiter nach Westen umsteigen wollen. Wir erfahren, dass wir dann in diesen hier Zug nicht einsteigen dürfen. Stellt sich heraus, dass der Zug von St. Louis nach Kansas City aufgrund vieler Baustellen so viel später ankommen wird, dass wir mit dem Pferd schneller dort wären. Gemeinsam mit einem anderen Passagier werden wir von Amtrak in einen flugs angemieteten Van einer lokalen Bus-Unternehmung gesteckt. Die Fahrerin erfährt, wo auf der Strecke sie noch Passagiere einsammeln solle, und unsere Zugreise startet mit einer Busfahrt.

Wir erfahren durch unsere gelernte Touristenführerin viel über die Geschichte St. Louis’ und Missouris, aber leider nicht, ob wir pünktlich in Kansas City ankommen werden. Stau. Berufsverkehr. 60 Meilen Umweg zum Bahnhof “auf der Strecke”. 80 Meilen pro Stunde bei erlaubten 70. Erreichen des gut versteckten Bahnhofs Pariser Ausmaße. Eine knappe Viertelstunde vor Abfahrt angekommen, springen wir auf den Zug auf. Als wir erfahren, dass wir nur Reservierungen für den Zug, aber nicht für bestimmte Plätze haben, und uns erst von einem hispano-amerikanischen Schaffner Plätze zuweisen lassen müssen (Is this the 21st century?), haben wir auch das letzte Hindernis auf diesem Reisestart geschafft.

Nach einem leckeren Frühstück im Zugrestaurant mit einem netten Ehepaar als Sitznachbarn (er hat ein Fahrrad selber gebaut, sie war Grundschullehrerin, beide schämen sich für ihre Regierung seit ca. 6 ode 7 Jahren), entsteht dieser Artikel auf einem sonnigen Fensterplatz im Oberdeck eines Interstate-Amtrak-Zuges. Es grüßen uns Busch, Busch, Strommast, Feldweg, Prärie, Busch, Stall, Prärie, Haus und wieder von vorne. Ein paar Rehe. Oh, a tank, now that’s odd. Nein, ich meine nicht einen Wassertank, ja ich meine einen Panzer. Das einzige Zeichen von Zivilisation ist die allgegenwärtige Klimaanlage im Zug.

Nach 25 Stunden Fahrt ist der nächste Halt: Williams, Arizona, Tor zum Grand Canyon.

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