Öffentlicher Personennahverkehr in San Diego

Man hört nicht viel Gutes über den Zustand des Public Transport in den Vereinigten Staaten. Außer heute. Mit einem 3-Tages-Ticket für 12 US$ bin ich wunderbar in San Diego rumgekommen. Die Straßenbahn (Trolley Blue Line) hält bis auf wenige Blocks vor meiner Herberge. Die südliche Endhaltestelle der Blue Line ist San Ysidro, der Stadtteil, von dem aus man in 10 Minuten zu Fuß nach Mexiko laufen kan. Die Nachbarstadt heißt Tijuana und hat als Hauptattraktion den Zugang zu den USA.

Im Norden endet die Blue Line in Old Town, dem ursprünglichen Stadtkern, der originalgetreu touristisch aufbereitet wieder aufgebaut wurde. Cowboy-Filme sind nicht übertrieben, das sah hier vor 150 Jahren wirklich so aus.
Außerdem kann man von hier aus auf ein der zwei anderen Trolley-Lines umsteigen und auf zahlreiche Busse, die La Jolla und UC San Diego anfahren. Außerdem Pacific Beach und Ocean Beach. Zu letzerer fährt der Bus 35. Nach zwanzig Minuten fahrt wird man direkt an einem Surfer-Pazifik-Strand ausgespuckt und ich fühle mich gezwungen, “California Dreaming” zu singen. Es findet gerade ein Surf-Wettbewerb für Kinder statt. Früh übt sich…

Der ganze Strand ist mit Volleyballnetzen bespannt. Sport im Wasser, Sport auf dem Sand. Es bleibt ein kleiner Platz für passive Sonnenanbeter übrig.

San Diego und Tijuana

Das Hostal, dass wir schließlich im sommerlich vielbesuchten San Diego finden, heißt “Lucky D’s”. Es ist -so scheint’s- von einem irischen Restaurantbesitzer als Ruine und ehemaliges Hotel gekauft worden und ist erst seit zwei Wochen geöffnet. Wir hätten es ohne eine Recherche im Internet nie gefunden. Es wirkt auch noch wie ein Startup.

Die Website ist bisher noch nicht mehr als eine Visitenkarte. Tagsüber laufen die Handwerker durchs Haus und es riecht nach frischer Farbe. Do not step out on the fire escape. DO NOT step out on the fire escape. Es wird nur bar und Vorkasse akzeptiert. Das ist mir in den USA bisher noch nie passiert. Iren.

Apropos Startup, wir waren heute in Tijuana, Mexiko, die 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt. Wie ein riesiger zusammengewürfelter Haufen unterhaltungsverkaufender Mexikaner und unterhaltungssuchender US-Amerikaner wirkt diese Stadt. Kurz vor unserem Rückweg tranken wir einen Kaffee in einem neuen Designer-Café. Auch erst vor zwei Wochen eröffnet, standen drei nette Mexikaner hinter der Kaffee-Bar und warteten auf die Massen, die nicht kamen. Wir waren die einzigen Gäste im Kaffee. Es solle mal ein Kulturzentrum werden, mit Galerie unter anderem. Während wir da waren, wurden zumindest die an der Wand schon auf dem Boden stehenden Bilder nicht aufgehängt. Es hätte ja Kundschaft kommen können.

So stelle ich mir meine Kultur-Kneipe auch vor…

Wer schon in Lateinamerika oder auch Indien war, kann nachvollziehen, dass wir mit 10 USD immer noch viel zu viel bezahlt haben, als wir eine “echt Silber”-Kette von 85 USD runtergehandelt hatten. Einkaufswert wohl ca. 1 USD. Da wir uns aber vorher auf einen gefühlten Wert aufgrund von Aussehen und Andenkencharakter geeinigt hatten, zahlten wir eben genau das: Was es uns Wert war. Ein arabischer Händler auf einem Basar wäre stolz auf unsere Einstellung, während er uns freundlich lächelnd ebenso das x-fache vom Minimalpreis abnehmen würde.

Öko-Amerika

welcome to eco-america, you shall be impressed by our ecological efforts.

Recycling in Rio de Janeiro
Brasilien trennt Müll, manchmal.

Im Gran Canyon und amLake Powell, beides Nationalparks, gab es Recycling-Container und Mülltrennung.

In San Diego gab es einen Public Transport, der den Namen auch verdient hat.

In San Francisco gab es immer genau einen Container: Müll.

In Carbondale, IL, gab es Autofahrer, die Fahrradfahrer nur deswegen nicht überfahren, weil sie so erstaunt sind, jemanden zu sehen, der sich unter Einsatz körperlicher Energie ohne Klimaanlage fortbewegt, sie so sehr erstaunen lässt, dass sie sofort in den Graben fahren.

Wenn sie nur nicht immer alleine in ihren SUVs säßen, sondern andere Leute mitnähmen. Vielleicht hälfe eine Mitfahrzentrale?

Internet-Luft atmen

Wir befinden uns an der Westküste eines der reichsten Länder der Welt. Mit einem Amtrak-Zug fahren wir durch die urbane Gegend zwischen Los Angeles und San Diego. Wir schalten die Suche nach Wireless Networks an. Wir finden sechsundfünfzig (56) verschiedene aktive WLANs. Dies war kurz vor der Ankunft in San Diego Santa Fe Depot.

Erfahrungen unterwegs

Nach einer Akklimatisierungsphase in Carbondale, Illinois, wollen wir uns nun auf die Reise gen Westen machen. Von Carbondale aus fahren nur Züge nach Chicago. Unser Gastgeber bringt uns freundlicherweise mit dem Pickup zum Bahnhof nach St. Louis, Missouri. Besser gesagt, bringt er uns nicht dorthin, weil wir ihn nicht finden. Als wir schließlich von einem St.-Louisianer dorthin eskortiert werden, stellt sich der Bahnhof dieser Stadt als bessere Baubaracke heraus, die neben den Industriegleisen und unter dem Highway aufgestellt worden ist. Soviel zu den Prioritäten in den USA: Auto, Geld, Personenverkehr.

Dort fragen wir am Schalter, wie es weiter gehen soll. Der Schalterbeamte erfährt, dass wir in Kansas City auf einen anderen Zug weiter nach Westen umsteigen wollen. Wir erfahren, dass wir dann in diesen hier Zug nicht einsteigen dürfen. Stellt sich heraus, dass der Zug von St. Louis nach Kansas City aufgrund vieler Baustellen so viel später ankommen wird, dass wir mit dem Pferd schneller dort wären. Gemeinsam mit einem anderen Passagier werden wir von Amtrak in einen flugs angemieteten Van einer lokalen Bus-Unternehmung gesteckt. Die Fahrerin erfährt, wo auf der Strecke sie noch Passagiere einsammeln solle, und unsere Zugreise startet mit einer Busfahrt.

Wir erfahren durch unsere gelernte Touristenführerin viel über die Geschichte St. Louis’ und Missouris, aber leider nicht, ob wir pünktlich in Kansas City ankommen werden. Stau. Berufsverkehr. 60 Meilen Umweg zum Bahnhof “auf der Strecke”. 80 Meilen pro Stunde bei erlaubten 70. Erreichen des gut versteckten Bahnhofs Pariser Ausmaße. Eine knappe Viertelstunde vor Abfahrt angekommen, springen wir auf den Zug auf. Als wir erfahren, dass wir nur Reservierungen für den Zug, aber nicht für bestimmte Plätze haben, und uns erst von einem hispano-amerikanischen Schaffner Plätze zuweisen lassen müssen (Is this the 21st century?), haben wir auch das letzte Hindernis auf diesem Reisestart geschafft.

Nach einem leckeren Frühstück im Zugrestaurant mit einem netten Ehepaar als Sitznachbarn (er hat ein Fahrrad selber gebaut, sie war Grundschullehrerin, beide schämen sich für ihre Regierung seit ca. 6 ode 7 Jahren), entsteht dieser Artikel auf einem sonnigen Fensterplatz im Oberdeck eines Interstate-Amtrak-Zuges. Es grüßen uns Busch, Busch, Strommast, Feldweg, Prärie, Busch, Stall, Prärie, Haus und wieder von vorne. Ein paar Rehe. Oh, a tank, now that’s odd. Nein, ich meine nicht einen Wassertank, ja ich meine einen Panzer. Das einzige Zeichen von Zivilisation ist die allgegenwärtige Klimaanlage im Zug.

Nach 25 Stunden Fahrt ist der nächste Halt: Williams, Arizona, Tor zum Grand Canyon.