In einem Artikel über das öffentliche Fußballschauen, dem sog. Public Viewing (den man hier live lesen kann) umschreibt H. U. Gumbrecht die heute weit verbreitete Bildschirmarbeit als eine “Verfugung von Software und individuellem Bewußtsein. Körper sind in solchen Situationen nicht mehr als die — notwendige — individuelle Voraussetzung für — ebenfalls individuelle — Bewußtseinsleistungen.”
Die typische Geste ist das Tippen auf der Tastatur, die typische Körperhaltung das auf dem Stuhl aufrecht sitzen, der typische Blick der ernst-konzentrierte auf einen Monitor. Jedoch sind diese typischen Beobachtungen nur der Mangelhaftigkeit der Schnittstelle, in Gumbrechts Bild der schlechten Verfugung zwischen Mensch und Computer geschuldet.
(Quelle: www.phdcomics.com)
Wie kommt er vom Fußballschauen, das man auch oft vor einem Bildschirm praktiziert, zum Bildschirmarbeitsplatz, dessen rechtliche Ausgestaltung sich in der “Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten” findet? Am Monitor ist man allein mit seiner Software. Beim Gruppenschauen ist man Teil eines Kollektivs.
Um seine körperliche Nähe mit Anderen auf der Arbeit gebracht, sehnt sich der Einzelne nach eben dieser. Das Wiedererlangen der eigenen Körperlichkeit wird nach einem virtualisierten Arbeitstag noch verhindert durch den fortgesetzten Aufenthalt in — ebenso virtuellen — sozialen Netzen, bis man schließlich den Monitor ausschaltet und seinen Fußballfreunden in den Arm fällt. Aus der Umarmung wird sich dann nur noch gelöst, um schnell auf dem Smartphone auf dem Laufenden zu bleiben und noch eben diese eine Nachricht raus zu schicken.
escape